Komplimente mit beigeschmack
Negging: So funktioniert der miese Dating-Trend
- Aktualisiert: 12.01.2023
- 09:27 Uhr
Bereits Omi wusste: "Was sich liebt, das neckt sich". Und irgendwie hat das ja auch ganz schön oft gestimmt. Es gibt aber eine Grenze zwischen einem kecken Flirt und diesem fiesen Dating-Trend.
Was ist Negging?
Kurz gesagt: Komplimente mit Beigeschmack. Beim Negging bekommst du Schmeicheleien zu hören, die bei genauerer Betrachtung gar keine sind. Ein Beispiel beim ersten Date: "Ich bin überrascht, dass du so gut aussiehst". Oder: "Mit Schminke siehst du echt hübsch aus". Klingt zuerst süß, ist aber bitter. Denn das bedeutet schlussendlich: Ohne Schminke gefällst du ihm/ihr wohl nicht.
Wer macht Negging - und warum?
Das Ziel beim Negging ist es, den anderen kleinzumachen, und ihn dadurch an sich zu binden. Menschen, die das machen, haben häufig ein niedriges Selbstbewusstsein, weisen narzisstische Züge auf und fühlen sich tendenziell eher machtlos. Sie wollen sich als Alpha-Tier etablieren. Das wollen sie schaffen, indem sie den Selbstwert von anderen runtermachen. Die werden dadurch empfänglicher für Annäherungsversuche. Zudem wird durch das suggerierte Desinteresse die Neugier des anderen geweckt. Das Ganze ist also ein mieses Psychospielchen, bei dem Betroffene am Ende davon überzeugt sind, eine Menge Defizite zu haben – und froh sind, dass sie jemanden an ihrer Seite haben. Eine Beziehung auf Augenhöhe ist mit diesem Dating-Trend natürlich niemals möglich.
Wie erkennst du Negging?
Bei manchen Sätzen solltest du hellhörig werden, denn sie entstehen womöglich aus einer dunklen Gesinnung. Diese Negs haben absolut nicht mit schmeichelhaftem Flirten zu tun:
- Bisher stand ich ja nicht auf asiatische Frauen, aber bei dir ist das etwas anderes
- Du gefällst mir, obwohl bisher nur Blondinen in mein Beuteschema passten
- Wenn du ein Kleid trägst, siehst du weiblich aus
- Du bist kleiner als ich gedacht habe, aber du siehst auf High Heels bestimmt toll aus
- Es gibt zwar größere als dich, aber klein ist ja auch fein
- Total toll, dass du nicht so viel in dein Aussehen investierst. Ich mag es authentisch.
- Du bist eher ein Kumpeltyp, trotzdem finde ich dich sexy.
Warum Negging so gefährlich ist
Wer neggt, der ist ein Wolf im Schafspelz, der versteckt seine bösen Absichten hinter einer Fassade. In diesem Fall sind das Komplimente, die keine sind. Wer diesem manipulativen Verhalten täglich ausgesetzt ist, befindet sich in großer Gefahr. Denn die toxischen Komplimente können gefährliche Folgen haben:
Du verlierst dich: Eine große Gefahr besteht darin, dass dich Freunde und Familie irgendwann nicht mehr wieder erkennen. Und du dich auch nicht. Plötzlich trägst du Kleider, die du nicht magst, hast dir die Haare blondieren lassen und isst nicht mehr vegetarisch – weil er es so will. Und du Angst davor hast, den anderen zu verlieren, wenn du nicht alles so machst, wie er das möchte. Deshalb passt du dich Schritt für Schritt immer mehr seiner oder ihren Wünschen und an und verlierst deine Identität.
Du wirst vorgeführt: Es ist schlimm genug, wenn du hinter verschlossener Tür geneggt wirst. Irgendwann passiert es aber vielleicht auch, dass deine vermeintlichen Schwächen vor Freunden, Kollegen oder Fremden in der Öffentlichkeit breit getreten werden. Wenn jeder Witz auf deine Kosten geht, kann das fatale Folgen für dein Selbstbewusstsein haben.
Du beweist dich: Gut möglich, dass Negging dich dazu bringt, deinem Gegenüber davon überzeugen zu wollen, dass er/sie sich irrt. Doch dieses Verhalten zapft dir mehr Energie ab, als du in dieser toxischen Beziehung zurück bekommst. Die fehlende Kraft spielt deinem Gegenüber in die Karten, weil du immer weniger entgegenzubringen hast – und er/sie niemals locker lassen wird.
So reagierst du am besten auf Negging
Die Gratwanderung zwischen einer neckisch-liebevoll gemeinten Bemerkung und dem manipulierenden Negging ist verdammt schmal.
- Deshalb solltest du nicht hinter jedem Kommentar eine böse Absicht vermuten. Gerade in der ersten Dating-Phase kann ein Ausrutscher der Nervosität geschuldet sein.
- Vertraue deinem Bauchgefühl und benutze gleichzeitig deinen Verstand. Wenn du zum Beispiel das Gefühl hast, vermehrt versteckt kritisiert zu werden, dann traue dich, das Thema offen und ehrlich anzusprechen. Damit zeigt du auch gleich dein Selbstbewusstsein.
- Was passiert jetzt? Vielleicht war deinem Gegenüber gar nicht bewusst, was genau er/sie gesagt hat. Dann gibt es jetzt die Möglichkeit, sich zu entschuldigen.
- Schmettert er/sie deine Bedenken jedoch mit einem schlechten Scherz ab, oder denkt, du würdest fantasieren, solltest du dir gut überlegen, wie weit das noch geht. Vielleicht tut die Person das, weil es ihm/ihr peinlich ist, dass du die Verfehlung angesprochen hast. Oder weil es das schmierige Konzept ist, dich zu manipulieren. Sei weiter wachsam!
- Entscheidend ist, wie er/sie sich im Anschluss verhält. Nimmt er/sie sich zu Herzen, auf dich zu achten, oder geht die Tortur nahtlos weiter? Bei letzterem machst du genau das: nämlich aufhören.
- Bist du dir nicht klar über die Situation, kann es helfen, Freund:innen mit ins Boot zu holen. Entweder, indem du ihnen von kritischen Momenten erzählst, oder indem sie mal bei einem Treffen dabei sind. Dadurch, dass bei ihnen keine Gefühle für die Person im Spiel sind, können sie die Situation eher neutral betrachten.