Paula Lambert über Irlands "Yes" zur Abtreibung

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"Kommst du?" - die Kolumne von Paula Lambert lest ihr wöchentlich neu, hier auf sixx.de. Paula Lambert, bekannt aus der sixx-Sendung "Paula kommt" oder "Paula kommt ... am Telefon", beschäftigt sich in ihrer Kolumne jede Woche mit einem aktuellen oder brisanten Thema rund um Frauen, Männer, Sex, Liebe,Lust und Beziehung. In dieser Kolumne teilt Paula ihre sehr persönlichen Gedanken zum Thema Schwangerschaftsabbruch mit euch.

In der vergangenen Woche haben die Iren mit einer nicht zu erwartenden Mehrheit von über 66 Prozent für eine Lockerung des dort seit 35 Jahren herrschenden Abtreibungsgesetzes gestimmt, welches Frauen einen Schwangerschaftsabbruch praktisch unmöglich machte. Irlands Ministerpräsident Leo Varadka, eigentlich selbst ein Konservativer, sagte dazu: "Was wir hier gesehen haben, ist der Höhepunkt einer stillen Revolution, die sich in Irland in den vergangenen zehn bis 20 Jahren abgespielt hat. Das Volk hat gesprochen - und entschieden, dass wir eine moderne Verfassung für ein modernes Land wollen. Und dass wir Frauen vertrauen und ihre Entscheidungen respektieren." 

Ich sage dazu: Diese verdammte Schweinerei dieser Art Gesetzgebung gehört weltweit abgeschafft.

Dass ich das Kind nicht austragen würde, war klar

Ich weiß nicht, ob ihr schon eine Abtreibung erleben musstet. Es ist gewiss nichts, was man jeden Tag haben möchte. Ich hatte eine, da war ich 22 Jahre alt. Dass ich schwanger geworden war, lag an meiner jugendlichen Dummheit, mich mit den falschen Leuten einzulassen und an einem Verhütungsmissgeschick. Dass ich das Kind nicht austragen würde, war klar. Ich war mitten in der Ausbildung und hatte kein Geld und nicht die Art Partner an meiner Seite, mit denen man ein Kind großziehen möchte. Also ging ich zu meiner Frauenärztin, die mir ohne das obligatorische pro-familia-Gespräch den nötigen Schein ausstellte (sie sagte wortwörtlich: "Ich erspare Ihnen das Katholikengeschwätz, hiermit können sie einfach direkt in die Klinik.") und mich dann zu einem Haus schickte, auf dem "Tagesklinik" stand. Ich sollte mein eigenes Bettzeug mitbringen und auch sonst war der Vorgang an Lieblosigkeit kaum zu überbieten. Wir lagen bis zur Narkose und danach in einem Zimmer zu sechst, die Betten an der Wand und mittendrin, und wurden eine nach der anderen herausgerufen. Zu meinem und ihrem Entsetzen traf ich eine Zimmernachbarin eine Woche später wieder, nämlich als sie mich am Tisch eines Restaurants bediente. Wir schämten uns beide und sagten nichts. Was hätten wir auch sagen sollen?

Allein schon das Wort!

Abtreibungen, allein schon das Wort!, sind gesellschaftlich verpönt. Die Frau macht sich zur Mörderin an ungeborenem Leben, wird gebrandmarkt, der Mann, der an der Schwangerschaft beteiligt war, ja, über den wird so gut wie nie geredet. Das widert mich fast am meisten an.

Ich finde, es gibt da nicht viel zu diskutieren. Dass ein Abbruch keine Verhütungsmethode sein darf, dürfte jedem halbwegs cleveren Menschen klar sein. Ebenso aber, dass es im Leben Situationen gibt, die einen einigermaßen hoffnungslos zurücklassen. Und für diese Hoffnungslosigkeit muss es eine Lösung geben, bei der keine Frau der Welt mehr mit Teer und Federn überschüttet wird. ES gibt Frauen, die unverschuldet schwanger werden, zum Beispiel durch Vergewaltigung. In vielen Ländern ist der Abbruch dennoch verboten, weil ein Frauenleben eben immer noch nicht halb so viel zählt wie das eines Mannes. Es gibt Frauen, die trotz ordentlicher Verhütung schwanger werden und für die ein Kind aus einer Vielzahl von Gründen eine Katastrophe bedeutet. Nicht zuletzt laufen da draußen Heerscharen von Menschen herum, die jetzt, in Zukunft oder in der Vergangenheit von ihren Müttern zu hören oder spüren bekommen, dass sie nicht gewollt waren.

Kein Gesetzgeber hat das Recht über den Körper einer Frau zu entscheiden

Viele von diesen Menschen schreiben mir täglich und meine Wut wächst. Kein Gesetzgeber der Welt hat das Recht, einer Frau vorzuschreiben, was sie mit ihrem eigenen Körper macht. Nie wieder.Wie bei jeder Wut wird auch meine eigene bei diesem Thema durch eine persönliche Verletzung zusätzlich genährt. Damals, bei meiner Abtreibung, hatte ich nicht viel Geld. Der beteiligte Mann hingegen, so prahlte er zumindest, schon. Also bat ich ihn, doch etwas mehr als die Hälfte der 650 D-Mark zu bezahlen, die der Eingriff kostete. Das tat er auch. Er überwies mir 326 D-Mark. Eine Mark mehr als die Hälfte.

Alles Liebe,
eure Paula

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